Leningrad 13. Oktober 1951. In einer bitterkalten Nacht werden Ermittler der Leningrader Miliz unter Leitung von Leutnant Revol Rossel an einen Tatort 50 km außerhalb der Stadt gerufen. Es erwartet sie ein grausames Szenario: 5 Leichen – drei Frauen und zwei Männer – sind bestialisch ermordet und sorgsam auf den Bahngleisen arrangiert worden. Alles, was eine Identifikation ermöglichen würde, fehlt oder ist zerstört.
Rossel, der eine sehr problematische Vergangenheit innerhalb des Sowjet-Regimes hinter sich hat, ist aus mehreren Gründen sofort misstrauisch:
Erstens glaubt er nicht daran, dass er zufällig am Tatort ist, denn die Anordnung der Leichen auf den Gleisen erinnert deutlich an Noten auf den Notenlinien – ein Umstand, den er als ehemaliger Musiker sofort erkennt, der einem anderen Ermittler jedoch vielleicht gar nicht aufgefallen wäre.
(Rossel war nach vielversprechendem Anfang einer Karriere als Violinist wegen Verrats verhaftet und gefoltert worden, wobei seine Hände und Finger weitestgehend zerstört wurden. Er bekam im Krieg die Gelegenheit, sich in einem Selbstmordkommando bei der Belagerung Leningrads auszuzeichnen und durfte danach in den Polizeidienst wechseln.)
Zweitens fragt er sich, wieso seine Einheit aus der Stadtmitte gerufen wurde und nicht aus der Nähe des Tatortes. (Es stellt sich sehr schnell heraus, dass alle in Frage kommenden Polizeireviere aus dem Umkreis komplett verhaftet worden sind, so dass nur noch Rossel und seine Leute übrig blieben. Wer hat so viel Einfluss?)
Drittens ist höchst sonderbar, dass überhaupt die Polizei ermitteln darf und nicht der Staatssicherheitsdienst MGB. Denn eine der weiblichen Toten gehörte nach Aussehen und Bekleidung dem MGB an – und einen Fall der ihren würde der Sicherheitsdienst niemals an außenstehende Behörden abgeben. Wieso also jetzt?
Sehr vorsichtig steigen Rossel und seine Kollegen also in die Untersuchung ein. Erschwert wird ihre Arbeit durch den Umstand, dass alle Körper tiefgekühlt sind und in der völlig unterkühlten Gerichtsmedizin nur ganz langsam auftauen. Frau Dr. Wolkowa ist überdies nur eine von zwei verbliebenen Gerichtsmedizinern, da auch hier der Rest des Kollegiums im Gefängnis sitzt. Sehr schleppend gelangen die Ermittler also zu Erkenntnissen – und die machen Leutnant Rossel nicht fröhlicher! Denn die ersten drei Menschen, die identifiziert werden können, haben alle mit ihm und seiner Vergangenheit am Leningrader Konservatorium zu tun. Hat der Täter es vielleicht auf ihn abgesehen?
Zeugen verschwinden, Kollegen werden verhaftet, Rossel kämpft gegen die mächtigsten Männer der Sowjetunion, die offenbar allesamt dazu entschlossen sind, die Tat zu deckeln oder zumindest schnell irgendeinen Schuldigen zu präsentieren, der mit alldem möglichst nichts zu tun hat. Und all das soll erledigt sein, wenn der große Festakt zur Einweihung der „Straße des Lebens“ ansteht...
Ein Buch mit unglaublich viel Hintergrundinformationen zu unterschiedlichen Themenbereichen, es geht um die Belagerung Leningrads im Zweiten Weltkrieg, bei der eine Million Sowjetbürger schlicht verhungert sind. Es geht im Rückblick um die verzweifelten Versuche der Roten Armee, mit verschiedenen Himmelfahrtskommandos die Blockade der Stadt zu durchbrechen und die Deutschen zurückzuschlagen. Es geht um Lebensumstände im Nachkriegs-Leningrad, wo es noch immer keinen Wohnraum (Kommunalka bis heute!) und Mangel an allen Ecken gibt. Gleichzeitig wird recht minutiös der Wahnsinn der stalinistischen Säuberungsaktionen im eigenen Volk beleuchtet – jeder konnte jederzeit von jedem verraten werden, alle konnten Spitzel sein.
Es geht aber auch um Musik und die Hingabe des großen russischen Volkes an die Kunst, um künstlerische Karrieren und Machtkämpfe im Kulturbetrieb.